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Überlebende berichten über die Dissoziation: Teil Eins

Autor: Svali
Veröffentlicht: Mai 20, 2000

Einer der typischen Effekte des rituellen Mißbrauches im Leben eines Überlebenden ist die Existenz der Dissoziation. Dissoziation kann viele Gestalten annehmen und beschreibt ein kompliziertes Kontinuum von Methoden, um mit den intensiven Schmerzen psychologisch fertig zu werden.

Ritueller Mißbrauch ist einer der schlimmsten psychologischen Schmerzen und Traumata, die ein Menschenwesen sich vorstellen und überleben kann. Die Verarbeitung seiner Effekte führt häufig zu PTSD (Post-traumatische Stress-Störung) und DID (Dissoziative Identitätsstörung, früher MPD), auf deutsch: MPS (Multiple Persönlichkeits-Störung).

DID verursachte eine Kontroverse in den Medien: Gibt es sie, ist sie real? Der DSM-IV (Diagnose- und Statistikhandbuch Geistesstörungen, 4. Ausgabe, veröffentlicht durch die amerikanische psychiatrische Gesellschaft) erkennt sie zweifellos als Realität an und definiert sie wie folgt:

Das Vorhandensein von zwei oder mehreren eindeutigen Identitäten oder Bewustseinszuständen (jede mit seinen eigenen Wahrnehmungsmustern in bezug auf das Denken, die Umgebung und das Selbstbewustsein). Mindestens zwei dieser Identitäten oder der Bewustseinszustände beeinflussen das Verhalten der Person. Unfähigkeit, sich an wichtige persönliche Informationen zu erinnern, die zu Umfangreich sind, um durch gewöhnliche Vergesslichkeit erklärt zu werden. Die Störung liegt nicht an den direkten physiologischen Effekten einer Substanz (z.B. Blackouts oder chaotisches Verhalten während einer Spiritusintoxikation) oder einem allgemeinen medizinischen Zustandes (z.B. komplizierte temporär auftretende Anfälle). Anmerkung: Bei Kindern kann man die Symptome nicht eingebildeten Spielkameraden oder einem anderen Phantasiespiel zuschreiben. Dissoziative Identitätsstörung wird auch als Multiple Persönlichkeitsstörung bezeichnet.
Anmerkung: Ich finde es extrem Interessant, daß vermutete "Syndrome" wie "falsche Erinnerung" nicht im größten Buch für die Diagnose psychologischer Störungen der Welt verzeichnet wird; möglicherweise, weil es absolut KEINEN objektiven Beweis für die Existenz dieses angenommenen Syndroms gibt.

Wie aber sind die Erfahrungen mit den dauerhaften Effekten des Traumas? In meiner Umfrage bat ich Überlebende, zu erzählen, wie es in der Realität für sie aussieht, wenn sie sich mit DID in ihrem Leben beschäftigen. Ich glaube, daß ihre Einblicke und Erfahrungen und ihr Mut, wenn sie im täglichen Leben mit dem rituellen Mißbrauch fertig werden, weit mehr aussagt, als alle Schulweisheiten.

Ellen, eine Überlebende des Kultmißbrauches, hat kein DID (MPS), aber beschreibt die Symptome von PTSD, die sie erfuhr, als Sie eine Cultgruppe verlassen wollte: Als ich erstmal aus dem Kult heraus war, spürte ich Wellen des Terrors, die meinen Körper durchliefen. Es gab nichts, daß ich tun konnte, um dies zu bessern. Ich mußte einfach abwarten. Diese Terrorwellen kamen häufig während der Zeiten, während der Cult betete. Ich schlief sehr wenig das erste Jahr, nachdem ich draussen war und habe noch Mühe, in den Tiefschlaf zu fallen. Dieses erste Jahr döste ich und wachte dann auf, durch den Terror der Kultprogrammierung, der durch meinen Kopf ging... die Warnungen vor Unfällen und der Hölle usw. Ich erfuhr manchmal die Dunkelheit, die mein Bett umgab. Ich hatte Angst, daß der Kult kommt, um mich zu Kidnappen oder meine Tochter zu schädigen.

Es war schwierig für mich, zu planen, während all dies weiterging. Ich hatte sich hin- und herwogende Zeiten und verlor den Überblick, was um mich geschah. Ich war programmiert worden, nie von den inneren Funktionen des Kultes oder aller möglicher Eigenheiten mit den Führern zu sprechen. Zu sprechen war durchaus ein Kampf. Sobald ich jemand etwas erzählte, würde ich daraufhin die ganze Nacht wach sein, um gegen die Furcht anzukämpfen, das Schweigen zu brechen, welches mir auferlegt worden war. Ich war auch häufig in einem Zustand der totalen Panik. Ich war auch so programmiert worden, nie meinen Wohnort zu verlassen, so neigte ich zu vereinsamen.

Wollte ich irgendwo hingehen, mußte ich starke Kämpfe durchstehen. Wenn ich irgendwo hinging, bekam ich Angst, einem Kultmitglied über den Weg zu laufen. Ich wurde darauf programmiert, jede Stunde rituelle Gebete durchzuführen. Ich führte diese Rituale nicht mehr durch; mußte aber gegen Schuldgefühle und Furcht vor dem Teufel kämpfen, weil ich nicht tat, wie mir befohlen. Die Zweifel, daß ich möglicherweise die einzige Gruppe verlassen hatte, die die Kirche und die Welt in eine neue Ära führen könnte, überkam mich immer wieder. Ich konnte die Stimme des Führers fast hören, der mir erklärt, warum die seltsamen Sachen, die im Kult durchgeführt wurden, richtig waren. Ich mußte stark an mir arbeiten, um normal zu leben, da meine Gedanken zerstreut und verwirrt waren. Es dauerte lange Zeit, bis ich einige der Fundamente dieses Kultes erschüttern konnte, wie zum Beispiel eine Kette mit Kreuz um meinen Hals zu tragen. Ich fürchtete, daß Satan mich angreifen würde, wenn ich die Kette entferne.

Joanne, eine andere Überlebende, beschreibt ihre Reaktionen auf ihre Diagnose auf DID (MPS): Gerade erst diagnostiziert, muss ich es jetzt erstmal annehmen und habe eine Menge Probleme damit. Selbst Leuten gegenüber, die so etwas kennen (wie Psychiatern), kann ich mich nicht richtig öffnen. Ausser meinem Therapist und Psychiater weiß keiner von meiner Diagnose, aber ich werde darüber nur mit meiner Therapeutin sprechen, wenn ich weiß, daß sie mich nicht deswegen in irgendeiner Weise verurteilt. Meine "Persönlichkeiten" (ich hasse daß Wort auch), haben gerade erst angefangen, ihre Anwesenheit vor anderen Leuten zu zeigen. Nnormalerweise nur, wenn ich mit meinen Kind zusammen bin oder alleine (besonders beim Autofahren). Obgleich ich mir schon für ein paar Jahre der Stimmen innerhalb meines Kopfes bewusst bin habe und schon dachte, daß ich verrückt werden würde. Ich wurde ständig nach den Stimmen gefragt, habe es aber immer abgeleugnet, da ich glaubte, daß es ein Zeichen von Verrücktheit war. Es wurde aber bisher immer auf Schizophrenie mit Halluzinativen Stimmen verwiesen, aber nicht auf die Stimmen in meinem Kopf.

John, ein Überlebender außerhalb der Vereinigten Staaten hat einige ausgezeichnete Sachen zum Thema DID (MPS) zu erzählen: Ich habe Probleme wegen der negativen Bezeichnung der "Dissoziativen Identitätsstörung". Erstens ist Dissoziation ein sehr natürlicher, gesunder und kreativer Weg des Beschäftigens mit dem Mißbrauch und den Erinnerungen. Es wird zu einer "Störung", wenn arbeitenden Leuten (Arbeiterklasse und Mittelschicht) erklärt wird, daß sie in das passen müssen, was die Gesellschaft als normales Arbeitsverhalten erwartet. Es wird auch ein Hauptaugenmerk auf den Missbrauch gelegt, der die Dissoziation verursachte und verursacht. Es gibt ist auch eine Ungerechtigkeit, daß ritueller Mißbrauch im Allgemeinen nicht von der Gesellschaft angenommen wird. Ich würde besser dastehen, wenn der Mißbrauch mich nicht von einem voll funktionfähigen Leben abgehalten hätte.

Vicky, eine fünfzehnjährige berichtet über ihre Erfahrungen mit DID (MPS) welches aus dem rituellen Mißbrauch resultierte: Ich hasse, daß ich manchmal Innenleute habe. Ich wünschte, daß sie alle weggehen würden. In der Schule necken meine Freunde mich. Sie sagen, "Warum klingst du gerade wie ein kleines Kind ?" Ich scherze zurück und erkläre ihnen, "Oh, ihr kennt mich ja, ich verstelle mich immer." Es ist so peinlich. Meine Kindpersönlichkeiten mögen Sachen wie Süßigkeiten oder Umarmungen. Ich bat nicht darum, es passierte einfach und ich finde es so unfair.

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